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Gleiche Vergütung für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit

März 15, 2023
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Das BAG hat in einem Urteil vom 16. Februar 2023 (Az.: 8 AZR 450/21) entschieden, dass eine Frau einen Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit wie ihre männlichen Kollegen hat. Dies gilt auch dann, wenn der männliche Kollege sein Gehalt besser verhandelt hat.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war seit dem 1. März 2017 bei dem Arbeitgeber als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Ihr einzelvertraglich vereinbartes Grundentgelt betrug anfangs 3.500,00 Euro brutto. Ab dem 1. August 2018 richtete sich ihre Vergütung nach einem Haustarifvertrag, der u.a. die Einführung eines neuen Eingruppierungssystems regelte und gleichzeitig eine „Deckelungsregelung“ für die Anpassungen enthielt. Nach diesem Haustarifvertrag erhielt die Klägerin ab dem 1. August 2018 ein tarifliches Grundentgelt in Höhe von. 3.620,00 Euro brutto, das in jährlichen Schritten weiter angehoben werden sollte.

Neben der Klägerin waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb zwei weitere männliche Arbeitnehmer beschäftigt. Einer der beiden männlichen Kollegen war seit dem 1. Januar 2017 bei dem Arbeitgeber beschäftigt, der andere Kollege arbeitete bereits seit über 30 Jahren bei dem Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber hatte auch dem seit dem 1. Januar 2017 beschäftigten Arbeitnehmer ein Grundentgelt in Höhe von 3.500,00 Euro brutto angeboten, dieser verlangte jedoch  ein höheres Grundentgelt in Höhe von 4.500,00 Euro brutto und erhielt dieses auch.  Nach weiteren Veränderungen des Grundgehalts u.a. im Zusammenhang mit leistungsabhängiger Vergütung wurde ab dem 1. Juli 2018 eine Erhöhung des Grundentgelts auf 4.000,00 Euro brutto für diesen Kollegen vereinbart. Ab der Anwendbarkeit des Haustarifvertrages am 1. August 2018 erhielt dieser  Kollege ein tarifliches Grundentgelt in Höhe von 4.120,00 Euro brutto.

Das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen wurde von dem Arbeitgeber insbesondere damit begründet, dass der männliche Kollege ein höheres Entgelt ausgehandelt habe und dass dieser Kollege einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei.

Die Klägerin forderte mit ihrer Klage die Zahlung für rückständige Vergütung sowie eine angemessene Entschädigung. Sie begründete die Klageforderungen damit, dass der Arbeitgeber ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen müsse wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen, da sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichte. Durch das unterschiedlich hohe Grundentgelt sei sie aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG ganz überwiegend Erfolg. Nach dem Urteil des BAG hat die Klägerin einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Der Arbeitgeber konnte diese Vermutung nicht widerlegen: Insbesondere kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe oder dass der Kollege einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt sei.

Zudem erhält die Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aufgrund des Geschlechts in Höhe von 2.000,00 Euro.

Fazit:

Im Ergebnis setzt das BAG der Vertragsautonomie Grenzen und stellt fest, dass allein das Verhandlungsgeschick keine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung rechtfertigt.

Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber Beschäftigte verschiedenen Geschlechts mit vergleichbarer Tätigkeit unterschiedlich bezahlt, genügt demnach, um die Vermutung einer unmittelbaren Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ im Sinne von § 22 AGG zu begründen. Nach § 22 AGG trägt dann der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt, sondern ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. Nach dem BAG genügte hierfür offenbar weder der Verweis auf ein besseres Verhandlungsergebnis noch das Interesse des Arbeitgebers an der Gewinnung des Arbeitnehmers.

Jedoch bleiben Differenzierungen in Bezug auf die Entgelthöhe zwischen Männern und Frauen weiterhin zulässig, sie müssen allerdings objektiv und geschlechtsneutral begründet sein. Hierzu zählen insbesondere Berufserfahrung und Qualifikationen. Arbeitgeber sollten daher bei unterschiedlich hoher Vergütung für vergleichbare Beschäftigte unterschiedlichen Geschlechts, eine Dokumentation der objektiven Differenzierungskriterien anfertigen. Eine „bessere“ Gehaltsverhandlung als alleinige Begründung für unterschiedliche hohe Vergütung zwischen Männern und Frauen reicht hier nicht aus.

Für das Urteil liegt bisher lediglich die Pressemitteilung und noch keine schriftliche Urteilsbegründung vor.

 

Rechtsanwältin Stephanie Kolb